next up back Inhalt
Next: Neurobiologische Beiträge zur Wahrnehmung Up: Zwei Mechanismen des Lernens Previous: Das Wahrscheinlichkeitslernen

Informationsminimierung durch Superzeichenbildung

Ein zweiter Mechanismus, der in der Redundanztheorie des Lernens eine wichtige Rolle spielt, ist die Superzeichenbildung. Darunter versteht von Cube die Bildung größerer Informationseinheiten aus einzelnen Zeichen.

Ein sehr einfaches Beispiel ist das Erkennen eines Wortes als Ganzes und nicht als Folge einzelner Buchstaben. Wenn Menschen lesen lernen, lernen sie (zumindest in Kulturen mit Buchstabensystemen) die einzelnen Zeichen der Schrift zu Worten zusammenzufassen.

Aus den einzelnen Buchstaben S,C,H,O,K,O,L,A,D,E,N,E,I,S wird das Wort SCHOKOLADENEIS. Die einzelnen Zeichen werden zu einem Superzeichen zusammengesetzt.

Diese Art der Superzeichenbildung ist in unserer Kultur ein ganz elementarer Vorgang. Unsere Schrift ist gerade so aufgebaut, daß nicht die Zeichen, sondern nur Superzeichen Sinn tragen.

Eine quantitative Analyse zeigt, daß durch diese Superzeichenbildung - durch das Bilden von Worten aus Buchstaben - die aufzunehmende Informationsmenge verringert wird. Der syntaktische Informationsgehalt des Wortes ``Schokoladeneis'' ist geringer als der Informationsgehalt aller einzelnen Buchstaben.siehe

Dies mag nun wieder als eine sehr abstrakte, auf technische Aspekte von Sprache eingeschränkte Sichtweise erscheinen. Bei genauerer Betrachtung bilden wir jedoch ständig Superzeichen. Immer wenn wir etwas Neues kennenlernen, versuchen wir einzelne Details zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen.siehe Ich möchte hierzu noch einige Beispiele geben.

Die Rose, die ich gerade im Garten gesehen habe, habe ich als Rose gesehen, als ein Ganzes. Dies obwohl ich sie auch als ein ganz detailreiches Objekt, bestehend aus Blättern, Stengel, Blütenblättern und noch nicht erblühten Knospen sehen kann.siehe Auf den ersten Blick nehme ich jedoch lediglich das Superzeichen ``Rose'' wahr. Durch eine genauere Betrachtung, bei der ich die einzelnen Bestandteile des Superzeichens ``Rose'' wahrnehme, erhalte ich mehr Information als mir das Superzeichen Rose gibt.

Diese Informationserhöhung tritt auch dann auf, wenn ich die Bedeutung der einzelnen Bestandteile nicht kenne. Allein die Existenz von Details und deren Wahrnehmung verursacht ein Anwachsen der Information.siehe

Superzeichenbildung ist ein Mechanismus um die Information, die im Umgang mit der Welt aufgenommen werden muß, zu verringern. Wir müssen nicht alle Details eines Objekts aufnehmen, wir können das Objekt als Ganzes - als ein Superzeichen - wahrnehmen. Das Zusammenfassen der Details eines Objektes zu einem Ganzen ist ein wesentlicher Mechanismus im Lernverhalten.

Diese Informations-Verringerung läßt sich im Rahmen der Redundanztheorie des Lernens mit Hilfe von informationstheoretischen Ergebnissen quantitativ nachweisen: Die Information eines Superzeichens ist geringer als Summe der Information alle seiner Komponenten und kann somit schneller aufgenommen werden.

Umgekehrt wird beim Auflösen von Superzeichen zusätzliche Information erzeugt. Wenn ich bei der Rose in meinem Garten nicht nur das Superzeichen ``Rose'' sehe, sondern die einzelnen Teile, erfahre ich mehr über sie. Ich habe die Möglichkeit, Assoziationen zu den einzelnen Bestandteilen aufzubauen, das Zusammenwirken der Teile der Pflanze zu erkennen. Eine absolut notwendige Voraussetzung ist dabei das Auflösen des Superzeichens.


next up back Inhalt
Next: Neurobiologische Beiträge zur Wahrnehmung Up: Zwei Mechanismen des Lernens Previous: Das Wahrscheinlichkeitslernen

Startpage
Son Nov 12 13:51:05 CET 2000