Wahrnehmung findet im wesentlichen im Gehirn statt. Da die Nervenzellen unseres Gehirns - die ich ohne weitere Unterscheidung schlichtweg als Neuronen bezeichnen werde - aber für die meisten physikalischen und chemischen Ereignisse nicht sensibel sind, benötigen wir Sinnesnervenzellen, die die Reize der Umwelt in die Sprache der Nervenzellen (bestimmte elektrische Signale und gewisse chemische Moleküle) umwandeln.siehe
Bei genauen Untersuchungen stellten Biologen fest, daß die Sprache der Nervenzellen unterschiedlichen Reizen gleiche Signalen zuordnet. Anhand der Signale, die zwischen den Neuronen übertrage werden, kann nicht auf den Reiz zurückgeschloßen werden. Dies bezeichnet man als die Neutralität des neuronalen Codes. In Abbildung 3 ist dies schematisch dargestellt.siehe
Abbildung 3: Reize werden gleichartig neuronal codiert.
Unterschiedliche Reize werden zwar von unterschiedlichen Sinnesorganen aufgenommen, aber in nicht unterscheidbare Signalen an die Nervenzellen weitergegeben. ``Es bleibt anhand dieser Merkmale [der Signale, die die Nervenzellen senden (Müller)] unentscheidbar, ob es sich etwa um visuelle oder auditorische Erregung handelt, um Farb-, Form- oder Bewegungserkennung innerhalb des visuellen Systems usw.''siehe
Die Neutralität des neuronalen Codes, also die Gleichförmigkeit der Nervenerregung in verschiedenen Systemen des Gehirns, ist eine große Schwierigkeit, wenn man Wahrnehmungsvorgänge erklären will. Unser Eindruck von der Realität ist schließlich vielfältig differenziert nach Klängen, Farben, Formen, Gerüchen, Bewegungen usw., und nicht gleichförmig und undifferenziert.siehe
Ein weiteres, zunächst verwirrendes Ergebnis der neurobiologischen Forschung ist, daß viele Sinnesnervenzellen nicht auf ein genau quantifiziertes Reizmerkmal ansprechen, sondern auf eine ganze Bandbreite von Reizen. Ich möchte dies kurz am Beispiel des Farbsehens beschreiben.
Die drei unterschiedlichen, bei der Farbempfindung aktiven Zapfentypen haben zwar ihre stärkste Anregung bei unterschiedlichen Frequenzen des einfallenden Lichts, aber die Bereiche, in denen sie angeregt werden sind sehr weit überlappend. So wird der Blaurezeptor zwar durch kurzwelliges Licht am stärksten erregt, aber er registriert auch ``grünes'' Licht und meldet dies weiter. Die Wellenlänge des einfallenden Lichts (und damit seine Farbigkeit) wird also nicht durch die Aktivität nur eines Rezeptors codiert.{siehe